Dezember Leseproben

Unter Erinnerungen findet sich z.B. folgende an:

Das erste Weihnachtsgeld

 Mit siebzehn hatte ich meine Ausbildung lt Lehrvertrag als Polster- und Dekorationsnäherin beendet und bekam von meiner damaligen Chefin das Aus der Lehrzeit damit verkündet. Nun begann die Suche nach einem neuem Job. Das war nicht leicht für mich, denn ich hatte nun zwar einen Gesellenbrief in der Hand, konnte an sich damit nicht viel anfangen denn in der Kleinstadt in der ich lernte hatte ich in meinen zwei Ausbildungsjahren etwas machen müssen, mit dem ich seit jener Zeit auf Kriegsfuß stehe.

Putzen. 

Das was nämlich im Gesellenbrief stand hatte ich in meiner zweijährigen Ausbildungszeit so gut wie nie gemacht. Ich habe jeden Tag den Laden sauber machen müssen, die Vitrinen und Tresen. Die Fläche unter der Schaufensterfront und die war nicht klein. Anschließend die Wohnung der Chefin ganz oben. Freitags nach der Berufschule noch das große Möbellager, nicht nur die Böden, auch die Möbel vom Staub befreien die Schränke noch zusätzlich mit Möbelpolitur abreiben. Samstag kamen dann die Lederwaren dran und die ganzen Geschenkartikel, bis heute mag ich daher auch keine Messing-, Zinn- und Zinkartikel.

Trotzdem habe ich die Prüfung bestanden im März. Sogar gut. Dass das eben wie gesagt das Ende dort war, hatte ich noch nicht gleich realisiert. Lehrjahre sind keine Herrenjahre, mit dem Spruch kam mein Vater wenn ich versuchte etwas von dem was mir dort missfiel zu Haus zu erzählen. Nun traute ich mich jedoch nicht nach Hause. Irgendwann musste ich dann aber doch, erzählte unter Tränen was dort gelaufen war und mein Vater schnurstracks dahin und hat dort, wie er sagte, reinen Tisch gemacht. Die Familie hatte danach die Auflage dort nicht mehr einzukaufen.

Mitte Mai fing ich dann in Hann. Münden an, im Kaufhaus dort in der Gardinen Abteilung. Man stellte mich als Fachverkäuferin für Gardinen ein. Ja auch ohne kaufmännische Ausbildung traute man mir das zu.

Die Gardinenabteilung war einmal über den Bereich der anderen Abteilungen zu erreichen und doch ein kleines Reich für sich, zwei Stufen ging es hoch. Man konnte jedoch auch über die Straßenseite vom Bürgersteig her die kleine Tür nutzen, wenn man nicht das ganze Kaufhaus durchlaufen wollte.

Ich nun, siebzehn Jahre, schüchtern bis zum Geht nicht mehr, kein Selbstvertrauen, ich stand da jetzt also und meine Abteilungsleiterin war nur bis mittags da, den Rest der Zeit musste ich selbst zurecht kommen. In dieser Zeit wurde ich selbstbewusster, in dieser Zeit lernte ich weit aus mehr als ich während meiner Ausbildungszeit hatte lernen können. Mit den Kollegen hatte ich keine Schwierigkeiten, die Vorgesetzten waren nett.

Das Gefühl von frei sein hatte sich in mir breit gemacht. Ich hatte zum ersten Mal nicht nur Pflichten sondern auch Rechte. Das letztere hatte in meiner Ausbildungsstätte nun mal nicht gegolten.

Freitag vom dem 3. Advent wurde hier das Weihnachtsgeld ausgezahlt. Der Geschäftsführer, ein Herr Kolender, ließ die Mitarbeiter einzeln hoch rufen in sein Büro, es gab ein kleines Gespräch, ein Glas Sekt und den Umschlag mit dem Weihnachtsgeld. Dann wurde man verabschiedet und der nächste ausgerufen. Ich war die jüngste Mitarbeiterin und Herr Werner der Personalchef guckte zwischendurch bei mir vorbei und erklärte mir da ich noch nicht so lange dabei bin bekomme ich kein Weihnachtsgeld, sollte allerdings, weil ich fleißig war, dennoch ein Geschenk bekommen.

Das war okay. In meiner Ausbildungszeit hatte es zwar eine Weihnachtsfeier gegeben und jeder hatte auch ein Geschenk bekommen. Kein Geld. Ich hatte damals einen Kosmetikkoffer, der schon lange im Regal stand, ein Ladenhüter sozusagen, der auch leicht verkratzt war zu Weihnachten bekommen. Die Geste zählt. Daher erwartete ich auch nichts.

Ein paar der Kollegen die schon oben gewesen waren tuschelten, auch Michaela die als Raumausstatterin mit zu der Abteilung gehörte, in der ich war. Immer wieder fielen die Blicke auf mich als Herr Werner von Marlene und ein paar anderen Verkäuferinnen einen Geschenkkorb zusammenstellen ließ.

Michaela hatte ihren Umschlag schon und jetzt kam sie wieder nach hinten geschlendert und erzählte mir: „Du weißt schon, wenn du hoch gerufen wirst, dass du ein Gedicht aufsagen musst?“

Ich schaute sie entsetzt an. „Das ist nicht dein Ernst. Dann gehe ich nicht hoch.“

„Oh, oh.“ Sie wiegte den Kopf hin und her. „Das wird nicht gehen, der Herr Kolender legt, wie du weißt, sehr viel Wert darauf zu allen Mitarbeitern ein gutes Verhältnis zu haben. Das willst du doch heute an Nikolaus nicht in Frage stellen.“

Eine Kundin die von diesen Seiteneingang her hereingekommen war, hatte uns aufmerksam zugehört. Und meinte dann zu mir: „Sie haben sicher vergessen wie so ein Weihnachtsgedicht geht.“

„Ich helfe ihnen“, fügte sie hinzu. „Der Bus hat ja anscheinend mal wieder Verspätung da kann ich Ihnen genauso gut auch helfen, die Erinnerung an ein schönes Weihnachtsgedicht wieder hervor zu locken. Passen sie mal auf.“ Sie ging wieder raus, kam wieder rein und deklamierte: „Von drauss vom Walde komm ich her...“

Von drauss’ vom Walde komm ich her;

Ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!

Allüberall auf den Tannenspitzen

ah ich goldene Lichtlein sitzen;

Und droben aus dem Himmelstor

Sah mit grossen Augen das Christkind hervor,

Und wie ich so strolcht’ durch den finstern Tann,

Da rief’s mich mit heller Stimme an:

„Knecht Ruprecht“, rief es, "alter Gesell,

Hebe die Beine und spute dich schnell!

Die Kerzen fangen zu brennen an,

Das Himmelstor ist aufgetan,

Alt’ und Junge sollen nun

Von der Jagd des Lebens einmal ruhn;

Und morgen flieg’ ich hinab zur Erden,

Denn es soll wieder Weihnachten werden!

Ich sprach: „O lieber Herr Christ,

Meine Reise fast zu Ende ist;

Ich soll nur noch in diese Stadt,

Wo’s eitel gute Kinder hat.“ -

„Hast denn das Säcklein auch bei dir?“

Ich sprach: „Das Säcklein das ist hier:

Denn Äpfel, Nuss und Mandelkern

Fressen fromme Kinder gern.“ -

„Hast denn die Rute auch bei dir?“

Ich sprach: „Die Rute, die ist hier:

och für die Kinder nur, die schlechten,

Die trifft sie auf den Teil den rechten.“

Christkindlein sprach:„So ist es recht;

So geh mit Gott, mein treuer Knecht!“

Von drauss’ vom Walde komm ich her;

Ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!

Nun sprecht, wie ich’s hier innen find’!

Sind’s gute Kind’, sind’s böse Kind’?

(Theodor Storm, 1817-1888, deutscher Schriftsteller)

 Das ganze Gedicht.

Es war heute sehr wenig zu tun hier bei mir und so war ich dieser Frau ausgeliefert. Wieder und wieder ging sie raus und trat wieder ein und wieder und wieder sagte sie das Gedicht auf. Michaela hielt sich den Bauch vor Lachen und verzog sich immer mal wieder nach hinten zu dem kleinen Kabüffchen. Ich konnte die Röte richtig spüren die mein Gesicht überzog als sie, diese Kundin, mich aufforderte es aufzusagen. Und bei jedem Fehler verschwand sie Kopfschüttelnd wieder nach draußen trat wieder ein und „Von drauss vom Walde komm ich her“ ertönte.

Michaela verzog sich dann wieder zu den anderen und die sahen diese Aufführung der Frau und wie sie versuchte mich dazu zu bewegen dieses Gedicht fehlerfrei aufzusagen.

Irgendwann kam der Aufruf, dass ich nach oben kommen sollte.

„Los“, sagte Michaela. „Ich halte hier die Stellung.“

Die Kundin versprach auch zu bleiben, denn sie wollte ja wissen, ob ich dass denn dann auch alles gut hinbekommen habe. Die Kollegen waren alle merkwürdig beschäftigt als ich durch die Reihen ging. Ich also durch den Flur die Treppe nach oben. Klopfte an Herrn Kolenders Büro. „Reinkommen“, sagte er. „Ich erwarte sie schon.“

Mein Herz plumpste in dem Moment sonst wohin

 © alle Rechte vorbehalten 22. Oktober 2017

weiter gehts im Buch DEZEMBER - (be)sinnliche Zeit

Das Taschenbuch - book on demand-  hat 152 Seiten trägt die ISBN 978-3-7450-3963-4

und ist über epubli erhältlich.

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Amazon hat dieses Buch sicher auch im Programm, man kommt ja leider nicht umhin. wird es allerdings nicht ausliefern. Gründe für dieses Verhalten kann niemand erklären. Jedoch dort unter https://www.amazon.de/gp/offer-listing/3745039637/ref=sr_1_7_olp?ie=UTF8&qid=1510065535&sr=8-7&keywords=christa+Helling  wird es über verschiedene Anbieter angeboten innerhalb von wenigen Tagen auslieferbar und auch ohne Versandkosten. .... das gilt von dort aus, auch für epubli.

Im Buchhandel hingegen wird man es  mit der ISBN bestellen können wobei es dann innerhalb von 2-3 Tagen auch da ist und auch ohne Versandkosten Berechnung.

 

 

 

 

 

 

 

 

auch unter der Rubrik : Erinnerungen zu finden.

Meine Schwester, die im Gegensatz zu mir nicht so gerne telefoniert, ich sie jedoch, weil ich eine paar Rückfragen an unsere Mutter hatte, die aber nicht zu Hause war, daher erwischte und ich ihr erzählte was ich gerade so versuche aufzuschreiben. Sie meinte daraufhin: „Vielleicht kann ich dir ja helfen, stell deine Fragen.“

Machte ich, aber auch ihre Erinnerungen daran waren vage. Wir kamen aber ins plaudern, auch das ist selten, erinnerten uns an die eine oder andere Begebenheit. Und sie erzählte dabei diese eine Begebenheit… die ich nicht abgespeichert hatte in meinem Hinterkopf.

Einmal Weihnachten dauerte ihr das alles viel zu lange mit der Bescherung, sie war quengelig, also unausstehlich. Nervte ununterbrochen, bis unser Vater klein beigab und die Bescherung statt nach der Kirche am Nachmittag stattfinden ließ. Ich hätte das nicht gewagt, diese Forderung nach der frühen Bescherung, denn dann hätte es nur Ärger gegeben. Meiner Schwester hingegen hat unser Vater immer nachgegeben. Nun hatten wir die Bescherung, der Nachmittag war noch lang. Abends ging es in die Kirche und danach gab es lange Gesichter. Keine Bescherung mehr, denn diese hatte bereits  stattgefunden. Nur ich, ich bekam noch ein Päckchen, daran fehlte mir jegliche Erinnerung, aber sie wusste es, darin waren wohl vorgestanzte Wachstuchtiere, Wolle und Nadel um diese zusammen zu nähen und mit Schaumstoffstückchen zu füllen.

Sie meinte im Gespräch: „Da wusste ich das das nicht meins war, im nächsten Jahr habe ich wieder abgewartet. Die vorgezogene Bescherung hat die besondere Stimmung die dem Heiligabend anhaftete genommen.“

Dazu passt auch gleich noch diese Erinnerung, die sie nicht mehr im Kopf hatte:

Einmal, als schon so kleine Bedenken am Glauben an den Weihnachtsmann aufkamen, hatten meine Schwester und ich die Gunst der Stunde genutzt an einem Nachmittag als wir wussten die Eltern sind nicht da, deren Schlafzimmer auf den Kopf zu stellen auf der Suche nach den Weihnachtspäckchen. Wir wurden auch fündig, hatten auch nachgeguckt was sich in diesen befand, anschließend wieder zugeklebt und dorthin zurückgepackt wo wir sie fanden. Natürlich gelang es uns nicht die Wäsche wieder so perfekt davor zu packen wie sie es zuvor war. 

Wir spielten Unschuldsengel. Unserer Mutter war es nicht entgangen als sie ihren Schrank öffnete um etwas herauszuholen, sie machte wohl auch unseren Vater darauf aufmerksam. Keiner verlor ein Wort darüber.

Zwei Wochen waren es noch bis Weihnachten und wir, wir hatten keine Vorfreude mehr. Man könnte sagen wir haben uns selbst ein Bein gestellt.

Die Spannung fehlte daher auch Heiligabend. Es war vorbei. Weihnachten war danach nie wieder so, wie es in jenen Jahren als der Glaube an den Weihnachtsmann noch vorhanden war.

Diese Erinnerung im Kopf habe ich meinen Kindern dieses Geschenk Weihnachten so lange wie möglich erhalten wollen. Meine Tochter meinte dann das erste Jahr, als das Christkind die Geschenke nicht mehr brachte, oder plötzlich der Sack vor der Tür stand, die Nachbarn von oben diesen polternd vor die Tür stellten: „Du hast recht gehabt, etwas fehlt. Der Zauber ist weg.“

Ich wünsche mir schon, dass sie ihren Kindern, wenn es denn mal so weit sein sollte, etwas von dem Zauber Weihnachten mitgeben können, was in dieser Zeit immer schwieriger wird. Schwieriger weil zu viel Werbung, zu viele Männer die in roten Mänteln herum laufen, zu früh in den Geschäften die Waren. Weihnachtsfilme die noch den Weihnachtsmann zeigen die damit eine heile Weihnachtszeit aufzeigen und draußen heißt es dann: „Den Weihnachtsmann gibt es doch gar nicht.“

Meist ist schon in der Vorschule ist diese wunderschöne Illusion weg.

Schade. Denn so wird den Kindern etwas Zauberhaftes vorenthalten. Etwas was die Augen strahlen lässt, etwas was Vorfreude schürt. Etwas was man mitnimmt ins Leben.

Ich weiß noch, wie die erste Klassenlehrerin meiner Tochter den Kindern erklären wollte, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt. Wir, die Eltern, waren fassungslos, als unsere Kinder zu Hause nachfragten, liefen Sturm dagegen und so musste sie sich etwas überlegen um diese Scharte die sie geschlagen hatte wieder auszuwetzen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Neue Weihnachtsgeschichten

Am 18. Oktober 2017 war ich so am Schreiben für den vierten Band der Buchreihe die beginnt mit:

Von der verlorenen Wette bis ..hin zum Bett?-Geflüster

DAS MEDAILLON - Im Strudel der Zeit

DER SCHLÜSSEL - Zwischen Vergangenheit und Gegenwart

und wie ich so schreibe... siehe hier den Auszug...

„Die Geschenke...“ Sascha schien zu überlegen.

„... die brachte das Christkind ganz heimlich. Da lag mal eins wie verloren auf der Treppe, oder hing am Fenster, ein anderes hatte das schusslige Christkind wohl in der Küche vergessen, Mama wollte gerade die Bratäpfel holen, da lag es auf dem Herd oben drauf. Oma hat es immer ganz besonders gemacht. Nie so wie es bei anderen Kindern und Familien war. Wir hatten immer dieses schusselige Christkind“, schloss Sascha seine Erinnerungen.

Iris hatte aufmerksam zugehört. Das klang liebevoll, das schusslige Christkind.

„Darf ich das erzählen?“, fragte sie ihn. „Im Radio, als kleine Weihnachtsgeschichte? Ich werde sie noch ein bisschen ausschmücken und erzähl sie auch Anja bitte, ich denke auch ihr fällt dazu einiges ein um das als besondere Weihnachtsgeschichte in Ihrer Zeitung zu veröffentlichen.“

„Das ist eine gute Idee“, warf Simon ein. „Du warst so klein und hast dich über diese liebevollen Päckchen und Pakete die da irgendwo zu finden waren so riesig gefreut. Selbst am nächsten Tag noch, als du aus dem Bett wolltest, lag da noch eins, das Christkind hatte da sogar einen Zettel dran gemacht, um sich zu entschuldigen, es werde sich auch bemühen das beim nächsten Weihnachtsfest alles besser zu machen.“ ©

Da dachte ich, das könnte glatt eine Weihnachtsgeschichte werden die mir auch wieder gefällt, nicht so alltäglich... Sondern mit diesem besonderen Charme.

Wie würde Iris die Geschichte wohl im Radio erzählen?

Das schusslige Christkind

„Wer kommt denn zu euch so nach Hause, kommt der Weihnachtsmann oder kommt das Christkind?“, würde sie wohl fragen.

„Also zu mir kam früher immer der Weihnachtsmann und der verlangte immer bevor er seinen großen Sack auspackte ein Gedicht. Mit einen kleinen Vierzeiler hat er sich auch nicht zufrieden gegeben, es musste ein langes Gedicht sein. Das fand ich nicht toll, allerdings wollte ich natürlich auch wissen was von meinem Wunschzettel, sich tatsächlich erfüllt hatte und das hieß in den sauren Apfel beißen und  auswendig lernen. Wenn er dann bei uns ins Wohnzimmer polterte, ja polterte, wenn ich mal so laut daher kam hieß es immer: „Kannst du nicht etwas leiser sein?“

Aber der durfte das. Na ja, er hatte den großen Sack dabei und wie gesagt, ich wollte wissen was von meinem Wunschzettel es denn da hineingeschafft hatte. Mein Vater dann immer: „Lieber Weihnachtsmann, ich heiße dich willkommen, was verschafft uns die Ehre deines Besuchs?“

Der Weihnachtsmann grüßte zurück, nickte jedem Familienmitglied zu, bis sein Blick auf mich fiel und er mit tiefer Stimme verlauten ließ: „Ich habe Post bekommen. Einen langen Brief mit vielen Wünschen, unzureichend frankiert und sehr unleserlich. Auch das Bitte und Danke war so schien es, gerade noch nachträglich zugefügt und da wollte ich doch mal gucken, was die kleine Iris sich dabei gedacht hat. Nun ich höre...““

Er schaute sie aufmerksam an. Sie stand da mit ihren schicken grünen Kleidchen, das ihre grünen Augen hervorhob und der dunkelgrünen Strumpfhose mit den schwarzen Lackschuhen, oh wie sie die hasste, da musste man immer so vorsichtig mit sein. Keck schaute sie nach oben, ihm direkt ins Gesicht und erklärte ihm, dass sie extra so eine lange Liste geschrieben habe, weil sie in den letzten zwei Jahren die Erfahrung gemacht habe, dass nicht alles was sie auf ihren Wunschzettel geschrieben habe, angekommen sei. Deshalb die lange Liste, da würde dann sicher all das in seinem Sack sein was ihr wirklich wichtig sei, denn sie habe vorsichtshalber jedes mal eine Kopie des Wunschzettels gemacht und nachher durchgestrichen was angekommen war. Auf dieser Basis habe sie dann auf den langen Wunschzettel ihre Wünsche offengelegt.

„So, so das also hast du dir dabei gedacht...“ Das Schmunzeln seinerseits war ihr nicht entgangen.

„Aber warum so unleserlich?“, fragte er nach.

„Ich war müde, immerhin gehe ich zur Schule und muss Hausaufgaben machen und spielen ist auch wichtig, dabei habe ich...“ Jetzt wirkte sie zerknirscht. „... die Zeit vergessen und ihn auf den allerletzten Drücker geschrieben denn ich wollte ja meine Wünsche zu Weihnachten erfüllt bekommen und wenn man, wie Papa gesagt hat den Termin verpasst, weil du...“ Sie piekste ihn mit dem Zeigefinger auf seinen Bauch. „... sonst das nicht alles gebacken bekommst, dann gibt es nichts. Das wollte ich vermeiden. Ich habe dann eine Briefmarke darauf geklebt und den Brief aufs Fensterbrett gelegt, wo ihn deine Wichtel dann wohl abgeholt haben.“

„Eigentlich hätte ich auch auf die Briefmarke verzichten können wenn er so abgeholt wurde. Ich habe nämlich Mama von meinem Taschengeld noch das Geld für die Briefmarke auf ihren Schreibtisch gelegt und jetzt...“ Sie redete sich so langsam um Kopf und Kragen. „... jetzt sagst du, der ist nicht ausreichend frankiert.“

Sie war wütend. In dem Moment vergaß sie, dass es Weihnachten war, dass der Weihnachtsmann mit seinem großen Sack hier bei ihr im Wohnzimmer stand und sie mit funkelnden Augen betrachtete.

„Bist du jetzt fertig Iris?“, fragte er.

„Nein“, fauchte sie ihn an. „Du hast da noch etwas angemerkt und das klären wir jetzt auch.“

Die Mutter und die Oma versuchten sie noch zurückzuhalten, aber zu spät, sie hatte den Weihnachtsmann umrundet und zog jetzt an seinem Mantel, zog ihn Richtung Tür öffnete diese und sagte ganz laut und deutlich: „Geh jetzt bitte und wenn du die Tür hinter dir zugemacht hast, dann bekommst du auch das Danke hinter her.“ Ihre Eltern waren sprachlos, Oma schlug die Hände über den Kopf zusammen. Der Weihnachtsmann war draußen und sie schrie das „Danke!“ hinterher mit den Worten: „War das jetzt deutlich?“

„Weißt du Iris was du gerade gemacht hast?“, fragte ihr Opa fassungslos.

„Ja“, sagte sie. „Ich habe BITTE und DANKE deutlich zum Ausdruck gebracht.“

© alle Rechte vorbehalten 22. Oktober 2017

Natürlich gibt es Anjas Version des schussligen Christkindes auch noch. 

 

Und Anja? Wie würde Anja die Geschichte vom schusseligen Christkind wohl erzählen?

So kurz vor Weihnachten standen bei uns fast immer Grundsatzdebatten an. Dazu muss ich sagen, ich war als kleines Mädchen immer ein echter Schussel. Jetzt sagt nicht, dass ihr das Wort Schussel nicht kennt, es steht für gedankenlos, zerstreut und vor allem vergesslich. Meine Mutter warnte mich stets mit den Worten: „Denk daran, alles im Leben kommt wie ein Bumerang zurück.“

„Wie?“, fragte ich neugierig auf ihrem Schoß sitzend.

„Na ja.“ Sie druckste ein wenig, wusste wohl nicht so recht wie sie es mir erklären sollte und so schaltete sich die Oma ein.

„Der liebe Gott hat es so eingerichtet, dass man mal über das was man so macht, vor allem wenn man so unbedacht dabei ist wie du, bei deinen Äußerungen und Taten, das man das mal umgekehrt erleben kann.“

Ich schaute Oma an. „Wie meinst du das?“

„Na ja... Wir haben dich das ganze Jahr immer wieder ermahnen müssen, deine Hausaufgaben zu machen, den Sportbeutel nicht zu vergessen, den Klavierunterricht nicht zu schwänzen, die Blumen zu gießen bei Tante Marie, das Geld dazu hattest du im Voraus bekommen, das Bitte und Danke immer schön sagen und, und, und... Was machst du stattdessen? Versprechen ja, aber wenn es denn soweit ist... Und damit man das mal lernt, hat der liebe Gott eben diese Bumerang Sache im Leben eingebaut.“

„Blödsinn“, erklärte ich der Oma.

„Nein, nein, das ist kein Blödsinn“, erklärte sie mir. „Denk nur an den Zettel im Frühjahr für die Klassenfahrt die ihr machen wolltet, wir haben keinen Zettel von dir bekommen das so etwas ansteht. So konntest du nicht mitfahren, denn auch die Aufforderungen die Fahrt zu bezahlen sind nie bei uns angekommen, weil Anja ihren Schulranzen nicht aufgeräumt hat. Erst als die Sommerferien zu Ende waren und Anja den Ranzen für das neue Schuljahr packen musste und alles andere auf den Boden kippte, da tauchten diese Zettel auf. Du bist ein Schussel, ein richtig schussliges Mädchen, wenn dein Kopf nicht angewachsen wäre würdest du den auch ständig vergessen.“

Ich stieg von Mamas Schoß runter stampfte wütend auf und schrie die Oma an: „Ihr wolltet mich nicht mitfahren lassen weil ihr Angst hattet das ich verloren gehen kann! Ihr habt mir das absichtlich vermasselt!“

„Na, na, na, überleg dir was du da sagst“, wurde ich beschieden.

„Das war nur dein erster bewusster Bumerang“, erklärte sie mir gleich hinterher. „Du hast den Antrag nicht abgegeben und durftest daher nicht mit. So ist das nun mal im Leben.“

Ich stampfte wieder wütend auf. „Das ist ungerecht!“

„Nein, Anja das ist es nicht“, betonte die Oma jetzt während sie über ihre runden Brillengläser schaute. „Das sind ganz einfach Lernprozesse die uns helfen besser zu werden. Aber du hast eben deine Hausaufgaben in diesem Fall wieder einmal vergessen. Wo wir gerade dabei sind... Hast du eigentlich schon deinen Wunschzettel für das Christkind geschrieben? Denk dran, nur noch acht Tage bis Heilig Abend.“

Ups. Ich biss mir auf die Lippe, das hatte ich schlichtweg vergessen.

„Nun?“, fragte jetzt auch meine Mutter nach. „Nicht, dass das wieder so ein Fiasko wird wie mit der Klassenreise. Wir haben heute den 3. Advent, da müsste sogar dir dazu ein Lichtlein aufgegangen sein, was das bedeutet.“

Verflixt, verflixt aber auch.

„Ich hab ihn schon angefangen“, sagte ich langsam. Mein Vater, der gerade eintrat und der die letzten Worte von Mama gehört hatte, lachte. Er konnte gar nicht mehr aufhören. Auch die Oma und Mama fielen ein.

„Wer es glaubt“, japste meine Mutter.

Ich stampfte wieder auf. „Wenn ich es euch doch sage, ich habe ihn schon angefangen.“

Opa in seinem Sessel sitzend, etwas schwerhörig, guckte mich schräg an und meinte dann: „Könnt ihr es schon sehen, ihre Nase wird immer länger.“

Wütend fuhr ich herum. „Ich lüge nicht, ich hab wirklich schon angefangen!“

Mein Vater schnappte nach mir, hob mich hoch so das ich auf seine Augenhöhe kam und erklärte, er glaube mir. „Allerdings glaube ich auch, dass du ihn wieder verschusselt hast in dem Durcheinander in deinem Kinderzimmer.“

Ich zog einen Flunsch, quetschte dann heraus: „Ich will das nicht mehr hören.“

„Was?“, fragte mein Vater. „Was willst du nicht mehr hören?“

„Kinderzimmer“, antwortete ich. „Ich bin kein Kind mehr.“

„Nicht?“ Die Familie starrte mich an. „Was bist du denn dann?“

„Ein Mädchen“, bekamen sie zur Antwort.

„Aha, ich verstehe.“ Mein Vater schmunzelte und fragte dann: „Du willst uns also damit sagen, dass du deinen angefangenen Wunschzettel in dem Mädchenzimmer verschusselt hast?“

„Verlegt“, verbesserte ich.

„Untergegangen in dem Durcheinander welches zuvor im Kinderzimmer schon existent war“, hakte Mama nach.

„Verschusselt, nicht anderes hat sie gemacht, im Verschusseln ist sie perfekt“, mischte sich die Oma ein. „Sie hat ihn schlichtweg verschusselt, na ja, was anderes ist von Anja auch kaum zu erwarten. Warte Anja, warte mal ab, dafür kommt sicher auch wieder ein Bumerang, vielleicht ist das die einzige Möglichkeit dass du das schusseln mal lässt und endlich ordentlich wirst.“

„Ihr seid so gemein!“ Noch einmal aufstampfen, dann eine Drehung und ab ins Kinderzimmer, pardon, Mädchenzimmer.

„Haben wir ihr jetzt zu viel zugesetzt?“, fragte die Mutter dann erschrocken.

„Nein“, die Oma schaute sie an. „Sie muss es endlich mal lernen, du hast es auch auf diese Art gelernt. Erinnere dich.“

„Wie du hast auch...?“ Ihr Mann schaute sie überrascht an. „Das hast du mir nie erzählt.“

„Bis ich dich kennenlernte hatte ich das im Griff“, wiegelte die Mutter ab. „Das sind alte Geschichten.“

„Alte Geschichten... so, so“, erwiderte der Vater. „Fang mal an, mich interessiert das.“

„Nein.“ Genauso trotzig wie zuvor Anja reagierte jetzt auch die Mutter.

„Musstest du denn da wieder von anfangen?“, fragte die Mutter jetzt erbost ihre Mutter. „Das ist verjährt.“

„Deins ja“, erwiderte die Oma. „Aber in deiner Tochter wieder erwacht. Sie ist dein Bumerang wenn man es so betrachtet.“

Hm, die Mutter wurde nachdenklich. Sollte sie wirklich die Unarten ihrer Tochter als ihren Bumerang ansehen? Das wäre nicht fair, denn somit käme, wenn sie so nachdachte, noch so einiges auf sie zu. Vielleicht sollte sie einfach anders darauf reagieren wie ihre Eltern einst, um Anja auf den rechten Pfad zu bringen. Andererseits, was hieß rechter Pfad? Sind wir nicht alle Individuen, jeder für sich und somit gerade in der Originalfassung goldrichtig? Natürlich konnte man nicht alles durchgehen lassen, das war klar. Hin und wieder mal in die Zügel greifen und sanft lenken, konnte indes nicht schaden. Nachher im Bett, da würde sie es Gerald erzählen.

Das mit dem Weihnachten was ausfiel weil sie vergessen hatte ihren Wunschzettel zu schreiben. Wie sie verzweifelt alles abgesucht hatte, ob nicht doch irgendwo ein Geschenk zu finden sei. Nichts, nichts, nichts. Das war das trostloseste Weihnachtsfest das sie je erlebt hatte. Und dann in  der Schule, als alle von ihren tollen Geschenken erzählt hatten, und sie auf die Frage der Lehrerin was sie denn bekommen habe geantwortet hatte: „Nichts.“

„Nichts?“ Alle hatten sie angesehen, richtig ruckartig waren die Köpfe zu ihr gedreht worden. Sie hatte all ihren Mut zusammen genommen und dann gesagt, dass sie ihren Wunschzettel nicht rechtzeitig abgeschickt habe und daher natürlich auch nichts bekommen konnte. Stille war damals im Klassenraum gewesen. In der Pause wurde sie gehänselt, ausgelacht. Sie hatte den Kopf jedoch hoch erhoben behalten, es nicht an sich herankommen lassen. Sie hatte ihre Lektion gelernt.

Die Lehrerin hatte sie nach der Stunde noch einmal zu sich gerufen, dann hatte sie sie mittags sogar nach Hause begleitet und mit ihrer Mutter ein langes Gespräch gehabt.

Wenn Anja jetzt den Wunschzettel schrieb und wieder vergaß, sie würde ihn suchen und dann... dann würde sie ihr eine ganz Art der Lektion zukommen lassen, wie einst ihre Mutter ihr. 

:)

weiter gehts im Buch DEZEMBER - (be)sinnliche Zeit

Das Taschenbuch - book on demand-  hat 152 Seiten trägt die ISBN 978-3-7450-3963-4

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Preis: 10,00€ + 2,95€ Versandkosten und ca 8-10 Tage Lieferzeit

Amazon hat dieses Buch sicher auch im Programm, man kommt ja leider nicht umhin. wird es allerdings nicht ausliefern. Gründe für dieses Verhalten kann niemand erklären. Jedoch dort unter https://www.amazon.de/gp/offer-listing/3745039637/ref=sr_1_7_olp?ie=UTF8&qid=1510065535&sr=8-7&keywords=christa+Helling  wird es über verschiedene Anbieter angeboten innerhalb von wenigen Tagen auslieferbar und auch ohne Versandkosten. .... das gilt von dort aus, auch für epubli.

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