Leseproben zu: Erinnerungen

Aufgewachsen bin ich im Niemetal - genauer gesagt in Varlosen (Niemetal 4) Bovenden, war meine Station vor Berlin

 

 

 

Meine erste eigene Wohnung im Flecken Bovenden war eine Einzimmerwohnung direkt unter dem Dach. An sich war es ein Zweifamilienhaus. Aber hier war das ganze Haus in Wohnungen aufgeteilt, unten im Keller wohnte der ehemalige Gesangspartner von Dieter Bohlens erstem Duo mit Frau. Er hatte mir sogar bei meinem Auszug dann noch eine Aufnahme unter einem Pseudonym überlassen, sie ist aber irgendwie verloren gegangen. Holiday auf Wolke 7 hieß der Song, ist sogar auf Youtube zu finden. Parterre war geteilt in zwei Wohnungseinheiten, einmal wohnte dort eine ältere Frau, die habe ich nicht so bewusst wahrgenommen und eine junge Frau, von der kann ich auch nichts berichten. In der ersten Etage wohnte, als ich einzog, ein Anwalt mit Familie, dann gab es einen Wechsel und wieder zog ein Anwalt ein mit Frau, die ausgesprochen nett waren. Kinder bekamen sie, bevor ich auszog, ein Zwillingspärchen. 
Oben war das Dach auch zweigeteilt, einmal meine Einzimmerwohnung und dann Peter der Jurastudent mit einer Zweizimmerwohnung. Der kam ursprünglich aus Kassel. Nun war ich doch sehr bemüht, erst mal alles richtig zu machen und putzte wie vorgegeben auch den kleinen Flur unter dem Dach und die Treppe runter bis zur ersten Etage. Ich weiß noch, als Peter dann bei mir klingelte und meinte, das wäre eine blöde Idee von mir gewesen, denn das würde ihn dadurch in Zugzwang bringen, in der nächsten Woche zu putzen. Wir sollten es doch so handhaben, das man nur putzt, wenn es nötig erscheint, also wirklich schmutzig ist. Das klang gut, wir praktizierten es dann auch so. 
Peter verschwand Freitag nachmittags immer nach Kassel und kam Sonntagabend zurück. Seine Eltern hatten dort eine Fleischerei und da arbeitete er, um sich ein bisschen was dazu zuverdienen, am Wochenende immer. Kam dann aber auch mit sehr guten Sachen zurück. Da entwickelte sich sicher meine Vorliebe für Bündner Fleisch und Filet vom Rind und Schwein. Wir kochten abwechselnd und luden einander ein. 
Sexuell lief nichts zwischen uns, er war nicht mein Typ, aber ein netter Nachbar. Von ihm lernte ich auch das Schachspiel und der Anwalt eins tiefer, kam dazu auch oft hoch, um ein gutes Spiel zu haben. Der spielte sogar so, dass er dem Spielfeld den Rücken zudrehte und dann nur sagte:" Den Läufer von Position soundso auf Position hierhin ziehen". Wow. Ich passte gut auf.

Einmal saßen Jörn, Peter und ich bei mir, wir hatten zusammen gegessen, etwas getrunken und spielten Karten . Peter kippelte mit dem Stuhl, was ich nicht leiden konnte und ich sprach ihn darauf an. Er setzte sich wieder richtig hin, kurze Zeit später ging das Kippeln aber wieder los. Ich war sauer. Meinte:" Da kannst du ganz schön hinfallen." Im nächsten Moment passierte genau das, RUMMS, der Stuhl samt Peter fiel um. Jörn und ich sprangen auf, ich meinte noch:" Siehst du, ich habe dich gewarnt." Aber er stand nicht wieder auf. Stattdessen bildete sich unter seinem Kopf eine Blutlache, die in meinen schönen türkisen Teppich sickerte. Oh Mann !Ich habe den Krankenwagen angerufen. Bis die allerdings kamen, hatte er sich mit einem Mal auf gerappelt und ging mit wackligen Beinen in seine Wohnung. 
Jörn und ich total waren verstört. Kurze Zeit später kam der Notarzt ..".Wo ist denn der Verletzte?" " Der ist in seine Wohnung zurück. Aber sehen Sie hier, er hat einen sehr großen Blutfleck hinterlassen, es war eine Kopfwunde." Er klingelte bei Peter, der machte nicht auf. Inzwischen waren auch zwei Träger nach oben gekommen, aber Peter machte nicht auf. Auf Grund der Blutmenge rief der Notarzt die Polizei dazu. Er versuchte es wieder :"Seien sie doch vernünftig und öffnen Sie die Tür, ich werde mir das mal ansehen und dann entscheiden, wie wir weiter vorgehen". Peter reagierte nicht. 
Jetzt waren zwei Polizisten vor Ort, ließen sich über den Sachverhalt aufklären und klingelten ihrerseits. Peter öffnete seine Tür. Er sah sehr bleich aus, schien aber wieder guter Dinge zu sein, denn er wollte wissen, was das Aufgebot vor seiner Tür bedeutete. Der Notarzt meinte, dass ich ihn angerufen habe und der Blutfleck in meiner Wohnung sei schon Anlass genug, dass man sich seine Wunde mal ansehe. Denn es könnte auch dazu kommen, dass er einfach in seiner Wohnung umkippe und dann sei ja anscheinend nicht gewährleistet, dass er augenblicklich Hilfe bekäme. Peter reagierte darauf gar nicht, es war als ob der Notarzt in die Luft redete." Ich werde sie jetzt mitnehmen," setzte der Notarzt hinzu. Wies darauf hin die beiden Helfer an, ihn in die Mitte zu nehmen, woraufhin sich Peter wehrte. 
Wenn Verdacht auf Lebensgefahr bestehe, wurde er aufgeklärt, seien sie berechtigt ihn mit zu nehmen, erklärte der Notarzt noch. Peter weigerte sich weiterhin. Ihm gehe es gut und er komme nicht mit. Da griff die Polizei ein und erklärte ihm, nach niedersächsischem Recht dürfen sie das. Er drehte sich um und wollte die Tür wieder schließen und warf über die Schulter allen hin, er sei Hesse, daher würde für ihn das Gesetz nicht gelten. 
Ein Polizist war schneller, hatte den Fuß in der Tür, bevor er sie schließen konnte und meinte lapidar, dass er sich derzeit in Niedersachsen befinde, dann griffen sie zu, er wurde festgebunden die Treppe hinuntergeführt. Mir fiel dann noch ein, dass er zwei Katzen habe ... man die Wohnung jetzt also nicht abschließen könnte. Die Polizei, Jörn und ich gingen in die Wohnung und da kam die nächste Überraschung ans Tageslicht. Die Katzen wurden nicht gefunden, aber ... im Bad, in der Dusche waren Berge von leeren Wodka- und Aquavit Flaschen. Unter der Couch, wo die Polizisten nach den Katzen suchten, dasselbe. Um den Wäschekorb in seinem Schlafzimmer, wo ich nie drin war, Flaschen und drum herum drei Flaschenstapel bis hin zum Bett und darunter ebenfalls. Die Polizei öffnete den Kleiderschrank, leere Flaschen purzelten ihnen entgegen. 
Man hat ihm nichts angemerkt, keine Fahne nichts. Ich war fassungslos. Und ich kam damit nicht zurecht. Klar ich hatte auch meine Blackouts gehabt, bei Partys und ich will nicht wissen, was dabei passiert ist. Aber die waren übersichtlich und an einer Hand abzählbar. Aber womit ich hier konfrontiert wurde ... das war unvorstellbar für mich. Jörn war ebenso überrascht. Es hat wohl drei Tage gedauert, bis sie ihn untersuchen konnten im Krankenhaus, da der recht hohe Alkoholspiegel erst einmal gesenkt werden musste. Seine Eltern, die ich danach anrief, fielen aus allen Wolken. Es stellte sich außerdem heraus, dass er schon seit drei Jahren exmatrikuliert war und den Studenten nur der Form halber noch vorspielte. 
Etwa ein halbes Jahr später ging ich nach Berlin. Das gute Verhältnis, was wir zuvor hatten, bekamen wir nicht mehr hin. Ich konnte irgendwie auch nicht ins Krankenhaus gehen, um ihn zu besuchen. Da war eine Blockade in mir, die das verhinderte. 
- In meiner Familie, so sehr ich auch immer über diese lästerte, war Alkohol kein Thema gewesen. Meinen Vater habe ich, wenn es hoch kam, dreimal betrunken erlebt, aber da war er nur lustig und ging ein bisschen mit Wellengang, aber sonst… Weder Opa noch Oma väterlicherseits hatten das praktiziert, auch wenn Oma immer von ihrem Klosterfrau Melissengeist oder später dann von ihrem Chantre zum Schlafengehen ein Gläschen trank, es war kein Thema, es war dafür auch kein Geld da, dass man dem Alkohol in einem solchen Maße frönen konnte. Mein Großvater mütterlicherseits hat allerdings mit seinem Bruder viel Geld in dem Gasthaus nebenan gelassen. Das bekamen wir aber nur so am Rande mit, da wir ihn recht selten zu Gesicht bekamen.- 
Jörn und auch meine Schwester, die ihn mal kennengelernt hatte, haben Peter jedoch besucht. Beide haben mir auch einen Vorwurf daraus gemacht, dass ich es nicht tat. Trotzdem, es ging nicht. Dann erzählte mir meine Schwester irgendwann, dass er gestorben sei, etwa anderthalb Jahre nach meinen Wegzug. Auch der Anwalt, der unter uns gewohnt hatte, war inzwischen ausgezogen. Ich habe vor ein paar Jahren mal mit ihm telefoniert und wir sprachen über Peter. Auch er bestätigte, dass er gestorben sei .Ich fragte mich damals immer wieder, warum habe ich das nicht gemerkt. Ich hatte, wenn ich gekocht habe, immer Wein zum Essen ausgeschenkt, er ihn auch getrunken, aber nicht so viel, dass es das auslösen konnte, was dann passierte. Er ist ja sogar noch Auto gefahren . Es war alles unbegreiflich. 
Probleme, die ich mit meiner eigenen Familie, also meinem Elternhaus hatte, habe ich bereits in meinem Buch "Seele entrümpeln" geschildert, aber auch nette Erinnerungen in meinem DEZEMBER Buch.

Duo Monza (Dieter Bohlen und Holger Garbode)  

https://www.youtube.com/watch?v=SpJczcyrgdA

Andreas Cramer alias Holger Garbode

https://www.youtube.com/watch?v=M0isAcUL7jc

 

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Ich schrieb den Lieferschein, begab mich ins Lager, um einen Fahrer ausfindig zu machen, der guckte auf den Schein, guckte mich an." Samstags wird der Kipper nicht eingesetzt." Ich: "Und was heißt das jetzt?" Er: "Abschaufeln, und ganz ehrlich meine Liebe, dazu habe ich heute keine Lust, das musst du dann machen, ich fahr dich hin, du schaufelst das ab und ich bring dich dann noch zu Hause vorbei.

"ICH???? ich schaute ihn überrascht an." Kein Kipper," sagte er," und zwei Kubikmeter sind schon mal eine Ansage." Ich schluckte. Er meinte das wirklich ernst. Er hat mich nach meinem Feierabend zum Kunden gefahren, ich in meinen High Heels auf den Wagen, Schaufel wurde mir hoch gereicht. Da stand ich nun vor diesem Berg Sand. Vorher hatte ich überhaupt keine Vorstellung davon gehabt, wie viel zwei Kubikmeter sind. Der Nachmittag war gelaufen. Die Pläne, die ich hatte, konnte ich alle fallen lasse, ich war fertig. Fix und fertig. Der Fahrer saß da locker auf einem Stuhl, rauchte und ich lud ab. Schaufel um Schaufel.

Nach einiger Zeit meinte er dann gnädig, dass er jetzt weitermacht. Ich könnte aufhören. Er wollte mir nur mal eine Lektion erteilen, dass ich so etwas nicht wieder verspreche. Habe ich auch nicht wieder gemacht. Aber ich habe mir auch nicht helfen lassen. Ich habe alles abgeladen. Allein. Das hat mir viel Hochachtung bei den Lagerleuten gebracht. Denn klar, dass diese Geschichte ihre Runde machte.

 

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Ich hatte genau ausgerechnet, wenn der Bus pünktlich war, wann ich an der Bushaltestelle stehen müsste, um pünktlich in der Firma zu sein. Der Bus hielt schließlich davor. Vor allem, dass ich natürlich auch noch ein bisschen Luft hatte, und nicht auf den allerletzten Drücker, etwas was ich hasse wie die Pest, eintreffe.

Da musste ich aber den einen Morgen noch zur Post, gut die lag auf dem Weg. Meine Uhr zeigte 8:30 Uhr an. Die in der Post 8:29Uhr. Der Typ dahinter machte nicht auf. Andere, die ebenfalls warteten, murrten. Seine Uhr schien noch eine andere Zeit anzuzeigen, als die, die bei der Post hing. Er öffnete nicht. Ich kochte. Als meine Uhr 8:35 Uhr anzeigte, öffnete er. Ehrlich ich war danach ein bisschen zickig, ich gebe es ja zu.

Bekam aber, weil ich danach flitzen musste, den Bus noch - war daher pünktlich. Die Revanche kam bald darauf. Ein Samstag. Die Kollegen ließen sich Zeit mit dem Kommen. Ich war zeitig dagewesen, saß an meinem Platz, überprüfte noch ein paar Aufträge. Da klopfte jemand auf den Verkaufstresen. Mein Blick ging hoch und siehe da, den kannte ich doch. Der Mann, dessen Uhr nicht richtig ging, der Mann von der Poststelle. Ich ignorierte ihn also.

Das Klopfen auf den Tresen wurde lauter und er sprach mich jetzt auch an, er brauche ... Ich schaute hoch, sah ihn an und erklärte ihm, meine Arbeitszeit beginne um 9:00 Uhr, jetzt sei es 8:45 Uhr. Er müsse daher noch warten. Wie sie wollen mich ... jetzt wirklich hier eine Viertelstunde warten lassen." Ja," entgegnete ich." Will ich. Wie gesagt, meine Arbeitszeit beginnt um 9:00 Uhr." Sie sind aber doch schon hier und er brauche dringend ...

Er schaute sich um, die anderen Kollegen waren noch nicht da, ich war wirklich auf weiter Flur allein. Solche Momente muss man einfach auskosten. Normalerweise, wenn da ein anderer gestanden hätte, hätte ich diesen bedient. Keine Frage, nur hier, das war mein spezieller Fall, der sollte seine Lektion bekommen. Er versuchte es wieder und wieder. Ich blieb stur. Punkt 9:00 Uhr nach meiner Uhrzeit trat ich an den Tresen und fragte, was er denn wollte. Konnte es mir aber nicht verkneifen ihm zu erklären, warum ich so gehandelt habe. Als er die Treppe dann runter ging, kamen die Kollegen auch so langsam zum Dienst.

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Fachlich war ich in dieser Baustoffhandlung gut. Ich hatte mir alles selbst angeeignet. Ich musste nur als Kontrast zu dem vorigen, Teppichboden verteufeln und Fliesen lobend als Bodenbelag verkaufen. Beratung war etwas, was mir sehr lag. Für Trends hatte ich damals nicht nur modisch ein Händchen, sondern auch für die Dinge, die für die Innenraumgestaltung angesagt waren. Nach relativ kurzer Zeit hatte sich mein älterer Kollege, der lieber die Listen kontrollierte, statt zu verkaufen, weil er dabei auch seine geliebten Landser Heftchen lesen konnte, angewöhnt, wenn jemand mit einer Fliesenscherbe kam, ihn zu mir zu schicken.

Alle deutschen Fliesenwerke haben unterschiedliche Merkmale, so dass man da schon den ersten Schritt zur Bestimmung machen konnte. Wenn dann jemand kam, der eben noch einmal ein paar Fliesen brauchte, die er vor zehn oder mehr Jahren gekauft hatte, die der Kollege eigentlich noch kennen könnte, die habe ich meistens irgendwo aufgetrieben. Schnell hatte ich mir unter den Vertretern und den Mitarbeitern, bei denen wir die Fliesen bestellten, ein kleines Netzwerk aufgebaut, so dass man da gezielter nachfragen konnte.

Wir führten die Bestellung damals noch mit einem Telex aus ...huch ja, das gibt es auch schon lange nicht mehr. Lochstreifen .... ich tickerte das am liebsten so durch, ohne den Lochstreifen. Mein Gedächtnis war um jene Zeit so gut, dass ich wirklich alle Telex - Nummern, mit denen wir zu tun hatten, nach vier Wochen auswendig kannte. Das waren lange Nummern.

Heute funktioniert das nur mit vierstelligen PIN Nummern, drauf gucken, wenn keine vier dabei ist, ist die danach im Kopf und ich kann den Zettel wegwerfen. Ist eine vier dazwischen, dauert es vier Wochen, bis ich die Nummer dann sattelfest verankert habe. 

Oder ich telefonierte, telefonieren tat ich überhaupt gern. Denn telefonieren war persönlicher, wenn man dort in den Außenstellen der Firmen mit den Mitarbeitern persönlich sprach und bei gelegentlichen Besuchen dort, wenn neue Fliesen vorgestellt wurden und wir uns die neue Kollektion ansehen konnten, diese dann eben auch zu Gesicht bekamen. Die Musterwände bei uns im Fliesenbereich betreute ich gewissenhaft.

Also hier war ich sicher, konnte mich daher auch mal etwas weiter aus dem Fenster lehnen. Selbst Baupläne ausrechnen, kein Problem. Aber dann dieser eine Tag. Ich musste rüber zum Chef mit ein paar Papieren, das war das Haus nebenan, ein Altbau. Birgit hatte draußen Kunden. Mit den Ordnern auf den Armen, betrat ich die Ausstellung. Birgit hatte vor einer Musterfliesenwand ein kleines Musterwaschbecken stehen und war einen Schritt zurückgetreten, um den Kunden nicht zu verunsichern.

Ich dachte noch so, als ich die Zusammenstellung sah. Oh Gott, das darf doch nicht wahr sein, ging weiter. Da sprach mich die Frau an:" Sagen Sie mal, wie gefällt ihnen die Zusammenstellung?" Und mir rutschte heraus:" Beschissen." Biss mir dann auf die Lippen, erhaschte noch kurz den Blick von Birgit, die wie versteinert wirkte und machte, dass ich davon kam. Ihh, verflixt, das war so ein Moment, wo ich mir gewünscht hätte, wieder so schüchtern wie einst zu sein, weil mir das dann nicht so raus geplatzt wäre. Klar dass ich mich kaum wieder zurück traute. Birgit würde mich sicher in Stücke zerreißen, dachte ich noch so. Birgit, die in dieser Firma schon gelernt hatte, die aber auch tatsächlich lieber Schriftliches machte. Mein Chef, nun trödeln sie nicht, rüber mit Ihnen. Ich verzögerte es wirklich. Hielt noch in der Baustoffabteilung an und in der Holzabteilung, um ein Schwätzchen mit den Kollegen zu halten, aber irgendwann musste ich dann doch zurück.

Niemand zu sehen. Puh. Birgit wieder im Großraumbüro. Ich setzte mich also beruhigt an meinen Platz hinter den Fliesenverkaufstresen. Da tauchte aus den Tiefen der Ausstellung dieses Pärchen wieder auf. Sie wandte sich sofort an mich und fragte, ob ich jetzt Zeit hätte, sie weiter zu beraten."

Meine Kollegin.".. fragte ich nach ...Rot geworden". Die ist im Büro verschwunden," sagte der Mann. Wieder biss ich mir auf die Lippen:" Es tut mir leid," meinte ich dann," ich wollte das nicht so sagen."" Sie haben ja Recht gehabt," schaltete sich die Frau wieder ein. "Uns fehlten nur selbst die Worte, um es zu beschreiben. Sie haben es dagegen mit einem Blick darauf über die Schulter auf den Punkt gebracht." Eine fatale Situation.

Mit Birgit würde ich es hinterher klären müssen, das war klar, aber jetzt mussten die beiden beraten werden. Ich holte tief Luft und meinte dann:" Packen wir es an". Innerhalb ganz kurzer Zeit hatten wir das Richtige gefunden. Die beiden strahlten und das war die Hauptsache." So passt es", sagte sie," und sehen Sie, diesmal fehlen uns nicht die Worte." Nach dieser Beratung marschierte ich dann ins Großraumbüro, schrieb dort die Rechnung, damit sie unten an der Kasse zahlen konnten und um ihre Fliesen dann hinten im Lager abzuholen.

Anschließend ging ich noch mal ins Büro, baute mich vor Birgits Schreibtisch auf und sagte:" Entschuldigung, dass mir das vorhin so raus gerutscht ist. Das wollte ich so nicht." Birgit guckte zu mir hoch:" Haben sie denn was gefunden?"" Ja," sagte ich," die Rechnung habe ich gerade geschrieben, sie holen sie sich gleich noch im Lager ab."" Na dann ist' s ja gut, wenn sie was gefunden haben," meinte sie." Birgit" ... ich druckste noch herum." Lass es gut sein, Christa, alles in Ordnung. "

 

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Mir ist da zu guter Letzt noch eine Sache eingefallen. Etwas, worüber ich mich immer wieder ärgere. Nämlich, dass es diese Preisunterschiede zwischen Männer- und Frauenhaarschnitten gibt.

War beim Friseur, den es mittlerweile nicht mehr gibt, sitze da und werde vom Gesellen bedient, während der Meister sich um den Herrn kümmert, der neben mir Platz genommen hat. Der Typ, ich habe kurz rüber geguckt, hat genauso lange Haare wie ich, nämlich schulterlang. Und der lässt sich wie ich die Spitzen schneiden und sonst  die Stufen nachschneiden. Wir bekamen beide eine Haarwäsche mit Spülung. Ich fragte den, der mich bearbeitete:" Warum muss ich als Frau mehr bezahlen für die gleiche Leistung?" Bekam wirklich eine unglaubliche Antwort, nämlich: " Frauen wollen unterhalten werden." Ich war sprachlos, aber nur einen Moment, dann wollte ich eine der Zeitschriften für den Rest der Behandlung an meinem Kopf. Der Typ neben mir unterhielt sich mit dem Meister. Meine Rechnung war trotzdem 20€ höher. Ich gab an dem Tag kein Trinkgeld, so wütend war ich. Bei nächster Gelegenheit sprach ich das aber bei dem Meister an." Es ist so," sagte er, er kann da nichts machen.

Grrr. Gleichberechtigung sieht anderes aus. Frauen verdienen immer noch weniger als Männer, aber beim Friseur dürfen sie mehr zahlen. Das passt nicht.

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